Sterbehilfe und Lebensende – Standpunkte und Studien
Wie gehen wir mit einem Menschen um, der am Ende seines Lebens angekommen ist? Ein Blick in unsere Nachbarländer Belgien und die Niederlande zeigt: Ist die Tür zur aktiven Sterbehilfe erstmal einen Spalt geöffnet, wird sie schon bald weit aufgestoßen.
Sterbehilfe in anderen Ländern
- Belgien: Seit 2002 regelt ein Gesetz die Euthanasie, 2014 wurde die Altersbeschränkung für aktive Sterbehilfe aufgehoben, 2017 wurden bereits auf dieser Grundlage drei Kinder getötet, das jüngste von ihnen war neun Jahre alt.
- Niederlande: Laut einer niederländischen Studie gaben rund 10.000 aller Niederländer über 55 den Wunsch an, dass sie ihr Leben frühzeitig beenden wollen, auch wenn sie an keiner ernsthaften Erkrankung leiden. 56 Prozent der Betroffenen nannten Einsamkeit als Grund, 42 Prozent äußerten die Sorge, dass sie anderen Menschen zur Last fallen könnten. 36 Prozent hatten Geldsorgen. In den Niederlanden läuft eine Debatte darüber, ob künftig auch gesunde Menschen aktive Sterbehilfe erhalten dürfen, wenn sie ihr Leben als „erfüllt“ ansehen und damit abgeschlossen haben.
- Schweiz: Aktivisten der Organisation „Exit“ bemühen sich darum, Sterbehilfe auch für gesunde, aber lebensmüde Senioren anbieten zu dürfen.
Sterbehilfe in Deutschland
In Deutschland hat das Bundesverwaltungsgericht im März 2017 entschieden, dass auf Verlangen das Selbsttötungsmittel Pentobarbital herauszugeben sei. Gemäß einer Anordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wurden jedoch bisher alle diese Anträge abgelehnt. In der Begründung heißt es: „Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, Selbsttötungshandlungen durch die behördliche, verwaltungsaktmäßige Erteilung von Erlaubnissen zum Erwerb des konkreten Suizidmittels aktiv zu unterstützen.“ Es bleibt abzuwarten, wie lang dieses Herausgabeverbot noch aufrecht gehalten werden kann.
Am 26. Februar 2020 fällte das Bundesverfassungsgericht ein Urteil und öffnete damit Sterbehilfeorganisationen die Tür. Denn die Verfassungsrichter haben nicht nur ein „Recht auf Selbsttötung“ verankert, sondern auch ein „Recht auf Suizidhilfe“. Zwar sollen die Gesetzgeber diese Rechte noch ausarbeiten und regulieren, jedoch sind sie verpflichtet „hinreichenden Raum zur Entfaltung und Umsetzung“ bei der Entscheidung zur Selbsttötung zu gewährleisten. Dies bedeutet, dass Menschen in Deutschland nun einen eindeutigen Anspruch auf Suizidbeihilfe haben. Dabei sehen die Richter diesen Anspruch bei allen Menschen – unabhängig von ihrer Lebens- und Krankheitsphase. Jedem, der sich nun in einer schwierigen Lebenslage befindet, kann die Selbsttötung als Ausweg angeboten werden. Und jeder, der sich aufgrund seiner Krankheit, Behinderung oder seines Alters darum sorgt eine Last für die Gesellschaft zu sein, muss ebenfalls damit rechnen, dass ihm dieser Ausweg empfohlen wird.