Geburtshilfe in der Krise
Seit 2018 haben zehn Prozent der Geburtsstationen in Deutschland ihre Arbeit eingestellt. Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen die Dramatik der Lage: Demnach führten 2021 von den bestehenden 1887 Krankenhäusern nur noch etwas mehr als 32 % Entbildungen durch, 1991 waren es noch 2441 Krankenhäuser, von denen mit rund 49 % fast die Hälfte Geburtshilfe anbot. Die Situation hat sich seit 2011 weiter zugespitzt, da seither die Geburtenzahlen deutlich gestiegen waren – zumindest bis 2021. Als Gründe für die Schließungen nennen die Kliniken wirtschaftliche Überlegungen und Personalmangel.
von Cornelia Kaminski
Wer eigene Kinder hat, kennt das Gefühl: Eine Schwangerschaft ist wie ein Zug, der unaufhaltsam auf ein Ziel zusteuert. Betroffene Eltern malen sich dieses Ziel gern als gemütlichen, sicheren Bahnhof aus, in dem die Schwangere umsorgt und das Neugeborene von kompetenten Händen empfangen wird. Ein solch sicherer Bahnhof ist ein Krankenhaus mit einer Geburtsstation, idealerweise sogar ein Perinatalzentrum, das darüber hinaus noch eine Kinderintensivstation vorhält.
Es ist daher wenig verwunderlich, dass die allermeisten Geburten in Deutschland – 98 % laut Deutschem Hebammenverband (Stand 2022) – in Kreißsälen stattfinden. Nur in einem Kreißsaal kann ein ärztliches Team im Notfall schnell und kompetent eingreifen, beispielsweise durch einen Notkaiserschnitt. Dieser wird erforderlich, wenn etwa die Herztöne des Kindes rapide absinken, ein Nabelschnurvorfall vorliegt oder die Plazenta sich abgelöst hat. Schnelligkeit ist das oberste Gebot, um das Leben von Mutter und Kind nicht zu gefährden: Innerhalb von höchstens zwanzig Minuten, so die Empfehlung der Fachgesellschaften, sollte nach dem Entschluss zum Kaiserschnitt die Entbindung stattgefunden haben. Ebenso wichtig ist unter Umständen die medizinische Notversorgung des Neugeborenen.