Die Sachlage:
In Deutschland finden an drei Orten zweimal im Jahr in einem Zeitraum von jeweils 40 Tagen Gebetswachen statt, zwei davon vor Beratungsstellen, zwei vor Abtreibungseinrichtungen. Die räumliche Distanz ist so groß, dass schon allein deswegen von einem „Spießrutenlauf“ nicht die Rede sein kann – in Frankfurt beträgt der Abstand z.B. 30 Meter. Die Teilnehmerzahl bewegt sich im niedrigen zweistelligen Bereich. Mehrere Gerichte haben die Versuche der jeweiligen Betreiber der Einrichtungen, die Versammlungen zu verbieten, abgelehnt, zuletzt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
Warum verstößt der Entwurf der Ampelregierung, der Versammlungen in der Nähe von Abtreibungseinrichtungen und Beratungsstellen verbieten möchte, gegen die Menschenrechte?
Der Entwurf möchte Versammlungen von Menschen verbieten, die sich gegen Abtreibungen positionieren. Damit wird das Äußern einer Einzelmeinung verboten, die nicht strafbar ist, sondern ganz im Gegenteil einen Verfassungsauftrag erfüllt: Den Schutz des ungeborenen Lebens. Hierzu wären eigentlich auch die Rundfunkanstalten verpflichtet. Das Verbot einer solchen Einzelmeinung ist nicht menschenrechtskonform.
Versammlungsleiter haben das Recht, den Ort ihrer Versammlung frei zu wählen. Hiervon sind sehr wenige Orte in Deutschland ausgenommen, und zwar die Orte, an denen Regierungshandeln stattfindet, wie z.B. der Bundestag. Das Errichten von Bannmeilen um tausende Beratungseinrichtungen und Abtreibungspraxen in ganz Deutschland bedeutet eine drastische Einschränkung der Versammlungsfreiheit, die gegen die Menschenrechte verstößt.
Von den Auflagen, die sonst für Versammlungen gelten, sind religiöse Prozessionen ausgenommen, weil der Schutz der Religionsfreiheit ein wichtiges Menschenrecht ist. Wenn nun an bestimmten Orten in Deutschland Gebetswachen explizit verboten werden sollen, so verstößt dies gegen dieses Menschenrecht. Im Gesetzentwurf werden zwar Gebetswachen nicht explizit erwähnt, wohl aber im Grundlagenwerk von Sina Fontana vom GWI, das dem Entwurf beigefügt ist. Dort heißt es (S. 52): „Im Rahmen von «Gehsteigbelästigungen» kommt es zu einer Vielzahl an unterschiedlichen Protestformen. Die Beeinflussung wird durch Ansprechen, Verteilen von Flugblättern, das Abhalten von Gebeten, aber auch vielen anderen Aktionen verursacht. Um diese Vielgestaltigkeit abzubilden ist die Verwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffes somit notwendig und geboten. Verfassungsrechtlich ist ihre Verwendung zulässig, sofern die unbestimmten Begriffe mit den herkömmlichen rechtswissenschaftlichen Auslegungsmethoden der Auslegung zugänglich sind.“ Auch Gebetsmahnwachen werden mehrfach ausdrücklich erwähnt (zB S. 5).
Warum ist der Gesetzentwurf so entlarvend?
Die Ampelregierung hat ein merkwürdiges Frauenbild. Einerseits setzt sie sich mit allen Kräften für eine Streichung des § 218 aus dem Strafgesetzbuch ein. Die Argumentation lautet: Frauen, die abtreiben, tun dies selbstbestimmt, in voller Verantwortung für sich selbst und ihr Leben. Sie tun es selbstbewusst und ohne weiteren Bedarf an Beratung oder Bedenkzeit. Sie tun es, weil sie genau wissen, was für sie das Beste ist. In dem Moment aber, in dem diese autonomen Frauen vor einer Beratungsstelle auf eine Handvoll Beter stoßen, werden sie vollständig aus der Bahn geworfen,wird ihre Entscheidung auf unerträgliche Weise in Frage gestellt, fühlen sie sich bedroht und bevormundet, sind so verängstigt, dass sie auf dem Absatz umkehren und das Weite suchen. Mit Lügen und falschen Tatsachenbehauptungen ist eine solche Wirkung, wie sie von den Autoren des Entwurfs beschrieben wird, bei selbstbestimmten Frauen niemals zu erreichen.
Was ist also die Wahrheit?
Die Wahrheit ist, dass Frauen, die zur Abtreibung schreiten, sehr oft eben nicht selbstbestimmt entschieden haben, sondern dazu gedrängt wurden. Sie sind traurig und verzweifelt, und dankbar für jede helfende Hand, die sich ihnen entgegenstreckt. Unzählige von ihnen greifen danach und lassen es zu, dass ihr Kind gerettet wird. Jedes dieser geretteten Kinder straft die Abtreibungsindustrie Lügen, die das Märchen von der autonomen Frau, die sich ohne schlechtes Gewissen einen Zellklumpen absaugen lässt, braucht, um bestehen zu können.
Warum ist es wichtig, dagegen zu protestieren?
Die Frage ist: In was für einer Welt wollen wir leben? In einer Welt, in der die Regierungen die Menschenrechte ihrer Bürger verteidigen, oder in einer Welt, in der eine Regierung nach ihrem Gutdünken die Menschenrechte einer bestimmten Gruppe von Personen entziehen kann? Die Ampelkoalition schafft hier ohne Not einen Präzedenzfall, der tief in unsere Grund- und Freiheitsrechte eingreift. Selbst Befürwortern von Abtreibungen müsste klar sein, dass die Verbote, die heute ihre Gegener treffen, schon morgen sie selbst betreffen könnten.
Auf der Startseite finden Sie weitere Informationen. Schreiben Sie Ihren Bundestagsgabgeordneten an – protestieren Sie gegen diese geplanten Menschenrechtsverletzungen!