Ökologia 2023 – Einblick und Ausblick
Als ich einer Freundin erzählte, dass die Stiftung Ökologie und Demokratie mich ausgewählt hat, Botschafterin der Ökologie 2023 zu sein, war ihre spontane Reaktion: Ökologie? Dafür bist du doch gar nicht bekannt?
Es mag manchem so gehen, der von dieser Auszeichnung hört. Der Einsatz für den Schutz des Lebens wird nicht in Verbindung gebracht mit dem Schutz der Umwelt. Was eigentlich völlig naheliegend sein sollte, erscheint vielen stattdessen nahezu absurd.
Der entscheidende Grund hierfür scheint mir zu sein, dass die Organisationen, die sich teils seit Jahrzehnten, teils erst seit kurzer Zeit mehr oder weniger vehement für den Umwelt- oder Klimaschutz einsetzen, gleichzeitig oft intensiv damit beschäftigt sind, den Lebensschutz für Menschen zu schleifen.
Ein paar Beispiele:
• Die Forderung nach einem Recht auf Abtreibung, die bei der großen Fridays for Future Demo in Berlin 2019 erhoben wurde, erhielt dort lautstarken Beifall.
• Luisa Neubauer fragt in ihrem Buch, „Ist das Kinderkriegen unseren Mitmenschen gegenüber verantwortungsvoll, da statistisch gesehen nichts einen größeren CO2-Fußabdruck hinterlässt als ein Kind?“
• Und wenn dann noch die grüne Familienministerin die Abschaffung des § 218 fordert, wie gerade geschehen, dann belegt dies nur noch einmal sehr deutlich, wie weit für manchen sogenannten Umweltschützer der Schutz des Menschen und der Schutz des Klimas voneinander entfernt sind.
• Bewegungen wie „Birth strike“ oder „Antinatalismus“, die ebenfalls offensiv Umwelt- und Klimaschutz zu betreiben vorgeben, sind sogar dezidiert menschenfeindlich aufgestellt. Ohne den Menschen, so die These, könne die Erde in eine Art hoch erstrebenswerten paradiesischen Urzustand zurückgeführt werden.
Das Paradies jedoch war von Menschen bewohnt und für Menschen gemacht. Der Mensch gehört zur Natur dazu und hat eine eigene Natur, die es zu achten und zu schützen gilt.
Nur wenige Tage nach der Beerdigung des großen Papstes Benedikt XVI möchte ich daher seine Worte in Erinnerung rufen, die er dem deutschen Bundestag in seiner leider viel zu wenig von der Politik beachteten Rede 2011 eindringlich vorgetragen hat:
„Es gibt auch eine Ökologie des Menschen. Auch der Mensch hat eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren kann. Der Mensch ist nicht nur sich selbst machende Freiheit. Der Mensch macht sich nicht selbst. Er ist Geist und Wille, aber er ist auch Natur, und sein Wille ist dann recht, wenn er auf die Natur hört, sie achtet und sich annimmt als der, der er ist und der sich nicht selbst gemacht hat. Gerade so und nur so vollzieht sich wahre menschliche Freiheit.“
Menschliche Freiheit vollzieht sich in der Achtung vor seiner Natur, und unter Nutzung seiner menschlichen Vernunft.
Wer weder die Natur des Menschen achtet, noch auf die Vernunft hört, kann weder sinnvollen Umwelt- und Klimaschutz betreiben, noch kann er die Erde in einen paradiesischen Urzustand zurückversetzen.
Wie recht Benedikt hatte, als er davon sprach, dass sich nur unter Achtung der menschlichen Natur wahre menschliche Freiheit vollziehen könne, erleben wir zur Zeit sehr offensichtlich im Aufeinanderprallen von Vernunft einerseits und Streben nach Freiheit andererseits.
Die Vernunft sagt uns beispielsweise, dass es zwei Geschlechter gibt, und es nicht möglich ist, frei zwischen diesen Geschlechtern hin- und her zu wechseln, oder gar noch andere Geschlechter zu definieren und zu wählen. Die Vorstellung, dass dies doch möglich sei, widerspricht einerseits der menschlichen Natur, und setzt andererseits ein vollständiges Ausschalten der Vernunft voraus. Unweigerlich ist die Folge solcher Bestrebungen daher auch eine massive Schädigung nicht nur der menschlichen Natur. Wer sein Geschlecht dergestalt verändern möchte, dass es dem Anschein nach nicht mehr dem biologisch gegebenen Geschlecht entspricht, der muss dafür seine Natur durch zahlreiche Operationen verändern und bis an sein Lebensende Hormone schlucken, die wieder ausgeschieden werden.
Die Vernunft sagt uns darüber hinaus, dass es nicht ohne Folgen für die menschliche Natur bleiben kann, wenn sie über Jahrzehnte mit der Einnahme hormoneller Kontrazeptiva manipuliert wird. Seit einigen Jahren beobachten wir daher zwar eine gewisse Pillenmüdigkeit junger Frauen, die nicht länger bereit sind, die zahlreichen Nebenwirkungen der hormonellen Verhütung hinzunehmen.
Eine junge Frau, nennen wir sie Tanja, erzählt, dass sie nach einer durchzechten Nacht nicht nur mit rasenden Kopfschmerzen, sondern auch Panikgefühlen wach wurde – mal wieder ein One Night Stand mit irgendeinem Typ, und wieder die Sorge, ungewollt schwanger geworden zu sein. Der Besuch in der Notfallambulanz war der fünfte in diesem Jahr. Für Tanja wie für viele anderen Frauen auch ist die Notfallverhütung zur Regelverhütung geworden – billiger als die Pille, und mit dem Versprechen, dass man damit getrost auf die regelmäßige Pilleneinnahme verzichten könne.
Der Absatz der sogenannten „Pille danach“, die eine bis zu zehnfach höhere Hormondosis enthält als die normale Antibabypille, ist nahezu explodiert. 875.000 mal ging diese „Notfallverhütung“ in 2021 über den Ladentisch. Die Hersteller dieser Präparate haben sie jedoch niemals als reguläre Verhütungsmittel vermarktet – und deswegen gibt es auch keinerlei Studien, die darüber aufklären könnten, was die Langzeitfolgen für Frauen sind, die sie, so wie Tanja, immer wieder nehmen. Was hingegen bekannt ist, ist die Unzuverlässigkeit der Pille danach. Schon 72 Stunden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr kann sie nur noch in etwas mehr als der Hälfte der Fälle das Problem der ungewollten Schwangerschaft erledigen. Eine Abtreibung ist die Folge, und diese wird nun ebenfalls in über 30 % der Fälle mit chemischen Präparaten durchgeführt, die nicht ohne gravierende Folgen für die betroffenen Frauen bleiben. Unsere Vernunft sagt uns auch hier, dass falsch verstandene Freiheit Grenzen und Konsequenzen hat.
Wir wissen schon lange, dass die hormonelle Geburtenkontrolle drastische Folgen für die Umwelt hat. Denn ausgeschiedene Hormone, die durch Spirale, Implantate und die Pille aufgenommen wurden, sind ein Schadstoff, genau wie Trenbolon (ein synthetisches Steroid, das Rinder “aufbläht”) und das Pestizid Bifenthrin. Gord Miller, der Umweltbeauftragte von Ontario, sagte: “Wenn man das perfekte Umweltgift entwerfen würde, sähe er wahrscheinlich aus wie die Pille.“ Um das Ausmaß zu verdeutlichen: Ein einziger Fingerhut ausgeschiedener Östrogene in einem See von 300 Metern Duchmesser schädigt Nieren und Leber der darin lebenden Fische und stört erheblich ihre Fortpflanzungsfähigkeit, so dass die gesamte Population auszusterben droht.
Statt nun die Umweltschäden zu thematisieren, die durch die hormonelle Verhütung entstehen, wird die Einnahme von Hormonen auf weitere Bevölkerungsgruppen ausgedehnt. Nicht nur Mädchen und Frauen gehören nun zum Kundenstamm der entsprechenden Pharmaindustrie, sondern auch Heranwachsende, die hormonelle Pubertätsblocker verabreicht bekommen, und erwachsene Transgenderpersonen, die lebenslang Östrogene oder Testosteron schlucken müssen, um die hormonelle Simulation einer Transidentität aufrecht erhalten zu können.
Umweltschützer sagen uns, dass unser Ökosystem von einem äußerst empfindlichen Gleichgewicht einer Vielzahl von Faktoren abhängt und dass selbst die scheinbar unbedeutendsten Aktivitäten des Menschen ausreichen, um große Auswirkungen auf das System zu haben. Dennoch schweigen sie sich über die ökologischen Auswirkungen dieser hoch potenten und gefährlichen Chemikalien auf die Umwelt aus.
Wir erleben eine neue Generation von Aktivisten, die einen dogmatischen Wahrheitsanspruch für sich reklamieren, der dem vielfach kritisierten Unfehlbarkeitsanspruch der Päpste in nichts nachsteht. Mit dem Unterschied, dass kein Papst je ex cathedra gesprochen hat, ohne vorher die gesamte Weltkirche und den heiligen Geist intensiv konsultiert zu haben.
Diese Aktivisten zerstören Kunstwerke, führen bewaffnete Auseinandersetzungen mit der Staatsgewalt, kleben sich auf Straßen fest und gefährden Menschenleben, um uns eindringlich vor Augen zu führen, wie nahe die Klimaapokalypse ist. Die drohende Apokalypse in unseren Gewässern, in den Körpern der Transgenderpersonen, in den Körpern der Frauen und Mädchen, die ihre Gesundheit mit hochdosierten Hormonpräparaten schädigen, die todbringende, vernichtende Apokalypse in den Abtreibungskliniken wird von ihnen hingegen vollständig ausgeblendet. Eine höhere Autorität als die, die sich selbst verliehen haben, erkennen sie nicht an, sie scheinen nicht nur vom heiligen Geist, sondern allen guten Geistern verlassen zu sein.
Wer den Schöpfergott leugnet, sucht ihn nicht mehr in all seinen Geschöpfen, sondern wird zum eklektischen Schützer ausgewählter Bereiche. Ökologischer Eklektizismus ist jedoch nicht nur unvernünftig, sondern zerstört letztendlich das, was er zu schützen vorgibt.
Mein Anliegen als Ökologia ist es daher, diesem Eklektizismus entgegenzuwirken: Unsere Verantwortung für die Schöpfung ergibt sich aus der Erkenntnis, dass es einen Schöpfergott gibt; unsere Fähigkeit, die Verantwortung wahr zu nehmen, ergibt sich aus der Vernunft, mit der uns dieser Schöpfergott begabt hat. Wir sind Teil dieser Schöpfung. Wer den Mensch als schützenswerten Teil dieser Schöpfung ignoriert, führt nicht nur den Menschen in die Unfreiheit, sondern rettet auch die Schöpfung nicht.