Aus die Paus
Die Räuberpistole von der »Gehsteigbelästigung« abtreibungswilliger Schwangerer ist auserzählt. In einer Sachverständigen-Anhörung des Bundestags-Familienausschusses wurde sie widerlegt. Und zwar ausgerechnet von einer Befürworterin des Gesetzesentwurfs.
Von Stefan Rehder
Unter dem Strich geriet die Öffentliche Anhörung, die der Familienausschuss des Bundestags am Montag, dem 13. Mai in Berlin veranstaltete, zu einem Debakel für die Ampel. Zwölf Sachverständige hatte der Ausschuss aufgefahren, um den ≫Entwurf eines Gesetzes zur zweiten Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes ≪ (BT-Drucksache 20/10861) zu begutachten. Der im Haus von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) erarbeitete Entwurf sieht vor, bundesweit Bannmeilen um Abtreibungseinrichtungen und Schwangerenkonfliktberatungsstellen mit einem Radius von 100 Metern zu errichten, um abtreibungswillige und ratsuchende Frauen vor ≫Gehsteigbelästigung≪ zu schützen. Wer sich innerhalb des Radius aufhält, um für die Frauen und ihre ungeborenen Kinder zu beten oder gegen Abtreibungen zu demonstrieren, soll mit Ordnungsstrafen von bis zu 5.000 Euro belangt werden können. Selbst die von SPD, Grünen und FDP bestellten Sachverständigen, die das Ansinnen unisono begrüßten, bemängelten die Vielzahl ≫unbestimmter Rechtsbegriffe≪ oder die Missachtung des ≫Verschleifungsverbots≪, bei dem Tatbestandsmerkmale so weit ausgelegt werden, dass sie vollständig in anderen aufgehen. Der Düsseldorfer Juraprofessor Helmut Frister hob die handwerklichen Mängel des Entwurfs in das Bild, mit ihm gebe der Gesetzgeber den Ordnungsbehörden ≫Steine statt Brot≪. Damit nicht genug: Mit Steffen Augsberg (Gießen) und Christian Hillgruber (Bonn) übten zwei Rechtswissenschaftler geradezu vernichtende Kritik an dem Entwurf. Laut der im Grundgesetz geregelten Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern fehle es dem Bund an der erforderlichen ≫Gesetzgebungskompetenz ≪. Nur die Länder seien befugt, ein solches Gesetz zu erlassen, befand Hillgruber. Laut Augsberg hat der Gesetzesentwurf ≫vor allem symbolische Funktion≪.