Joe Biden: Katholik und Menschenrechtler?
Einiges war bereits über Joe Bidens Einstellung zum Menschenrecht auf Leben der Ungeborenen bekannt, nun hat er sich als erstmals als Präsident der Vereinigten Staaten offiziell hierzu zu Wort gemeldet.
In einem Statement vom 22. Januar äußerte sich der Präsident zum 48. Jahrestag von Roe v. Wade. Diese Grundsatzentscheidung, die der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten am 22. Januar 1973 mit einer Mehrheit von sieben zu zwei Richtern fällte, stellte Abtreibungen unter das Recht auf Privatsphäre und führte dazu, dass eine Schwangere abtreiben darf so lange das Kind nicht als außerhalb des Mutterleibs überlebensfähig gilt. Damals war das die 28. Woche, heute ist es die 24. Woche. Besondere Gründe müssen dafür nicht vorliegen.
Normalerweise findet zum Jahrestag der Entscheidung der March for Life in Washington statt, in der Regel mit mehreren Hundertausend Teilnehmern. Darunter im letzten Jahr der damalige amerikanische Präsident, und zuvor bereits sein Vizepräsident, Mike Pence, der seine Rede mit einem Zitat aus der Unabhängigkeitserklärung begann:
„Vor mehr als 240 Jahren haben die Gründer unserer Nation Worte aufgeschrieben, die durch die Jahrhunderte wiederhallen. Wir halten diese Wahrheiten für selbstverständlich, dass alle Menschen gleich erschaffen wurden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten versehen wurden, zu denen Leben, Freiheit und das Streben nach Glück zählen.“ In Anspielung auf das Urteil Roe v Wade führte er aus, vor mit dem Urteil Roe v Wade habe sich der Supreme Court von der ersten dieser zeitlosen Vorstellungen abgewandt. Aber heute, so rief Pence der Menge zu, drei Generationen später, und wegen euch und der tausend anderen, die an Märschen im ganzen Land teilnehmen, gewinnt das Leben wieder in Amerika.
Das Leben gewinnt wieder in Amerika.
Hat dieser Satz heute noch Bestand?
Während der Marsch für das Leben auf Grund der Coronapandemie abgesagt wurde, hat der neue amerikanische Präsident sich zum Jahrestag von Roe v. Wade am 22. Januar in einem Statement geäußert.
Darin heißt es:
„In den letzten vier Jahren sind die reproduktiven Rechte, insbesondere das Recht, eine Abtreibung zu wählen, unerbittlich und bis aufs Äußerste attackiert worden. Wir sind zutiefst der Aufgabe verpflichtet dafür zu sorgen, dass jeder Zugang zu Gesundheitsvorsorge hat – und das schließt die reproduktive Gesundheitsversorgung mit ein. Die Biden-Harris Regierung verpflichtet sich, Roe v. Wade festzuschreiben und Richter zu ernennen, die fundamentale Grundsatzentscheidungen wie Roe v. Wade respektieren.“ Alle Individuen müssten den Zugang zur Gesundheitsversorgung haben, den sie brauchen, so das Statement abschließend.
Die Botschaft könnte deutlicher kaum sein. Reproduktive Rechte bedeuten nicht, wie man meinen könnte, ein Recht auf Kinderkriegen, sondern vor allem ein Recht auf Kinder abtreiben. Überall dort, wo die WHO, Planned Parenthood, Mary Stopes oder der UN-Bevölkerungsfonds sogenannte „reproduktive Rechte“ einfordern, steht der Zugang zu freien und sicheren Abtreibungen ganz oben auf der Agenda. In den USA liegt die Verantwortung für die konkrete Ausgestaltung der Abtreibungsgesetzgebung bei den einzelnen Bundesstaaten. Sie haben die Möglichkeit, eigene Gesetze zu erlassen, die den Zugang zu Abtreibungen regeln. In sechs Staaten wurden Gesetze erlassen, die Abtreibungen verbieten, sobald ein Herzschlag nachweisbar ist – das ist ab der sechsten Schwangerschaftswoche der Fall. Zwar wurden die Gesetze oft von Gerichten blockiert, haben weitere 10 Staaten haben bereits 2019 ähnliche Gesetze erlassen. Diese Woche diskutiert der Senat in South Carolina über ein solches „Heartbeat Bill“. In anderen Staaten hingegen, so etwa in New York, Massachussetts, New Mexico oder Illionois, sind entweder bereits Gesetze erlassen oder liegen vor, die Abtreibungen zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft ohne Einschränkungen und auf Kosten der Steuerzahler ermöglichen.
Mit Amy Coney Barrett hatte Trump eine weitere konservative Richterin ernannt, die schon einmal durch Unterschrift unter eine Anzeige erklärt hatte, dass sie dieses Urteil für falsch und unmenschlich hält. Richter, die diese Ansicht teilen, haben nun die Mehrheit im Supreme Court und könnten das Urteil aufheben.
Das befürchten auch die Abtreibungsbefürworter in den USA. Auf die entsprechende Frage antwortete Joe Biden bereits bei einer Wahlkampfveranstaltung:
„Wir wissen nicht, wie Coney Barrett sich verhalten wird. Aber falls sie das Urteil aufheben sollten, würde ich dafür sorgen, dass Roe v. Wade im ganzen Land Gesetz wird.“
Roe v Wade als Bundesgesetz: das bedeutet freien Zugang zu Abtreibungen ohne Angabe von Gründen bis zur 24. Schwangerschaftswoche. Einem solchen Vorhaben stünden vermutlich zumindest weder Repräsentantenhaus noch Senat im Weg. In beiden Kammern verfügen die Demokraten über eine Mehrheit. Seit Urteilsverkündung sind in den USA etwa 62 Millionen ungeborene Kinder durch Abtreibung ums Leben gekommen.
Das Leben, so scheint es, gewinnt mit diesem Präsidenten nicht mehr.