Rasterfahndung nach Menschen mit genetischen Besonderheiten – der pränatale Bluttest
Mit dem Beschluss des gemeinsamen Bundesausschusses, den vorgeburtlichen Bluttest zur Entdeckung chromosomaler Abweichungen zur Kassenleistung zu machen, bläst unsere „Solidargemeinschaft“ zum Halali auf Menschen mit genetischen Besonderheiten wie dem Down-Syndrom (Trisomie 21). Das Argument, dieser Test sei weniger gefährlich als eine Fruchtwasseruntersuchung, zählt nicht: jedes positive Testergebnis wird durch eine solche Untersuchung abgesichert, und jeder endgültig positive Befund stellt die Schwangere vor die Wahl: austragen oder abtreiben? Eine andere Alternative – z.B. eine frühzeitige Therapie – gibt es nicht. Schon die Frage, ob man das Kind mit Trisomie „behalten“ möchte, die unweigerlich nach positiver Diagnose gestellt wird, ist menschenunwürdig: sie degradiert den vorgeburtlichen Mensch zu einem Objekt, das bei Nichtgefallen eben entsorgt werden kann. Und entsorgt werden nach Einführung des Bluttests als Regelleistung nahezu alle Kinder mit Down-Syndrom, soviel haben wir aus den Ländern, die dieses Verfahren schon länger praktizieren, gelernt. In Island gibt es kaum noch Kinder mit Down-Syndrom. Ein drittes 21. Chromosom bedarf keiner vorgeburtlichen Therapie, sondern Zuwendung und Offenheit einer Gesellschaft, die für jede Spielart des Andersseins maximale Toleranz einfordert. Nur eben nicht für Menschen, deren Anderssein nichts mit ihrer Sexualität zu tun hat – sie werden vorgeburtlich systematisch aussortiert, damit sie nicht zur Last werden. Wir reden von Inklusion und Akzeptanz, bekämpfen lautstark Antifeminismus und Antirassismus, setzen uns für den Klimawandel ein und für Flüchtlinge. Alles politisch sehr korrekt und daher gratismutig. Und angesichts dieses Beschlusses, der ja ein Schlaglicht auf die Verfasstheit unserer Gesellschaft wirft, auch alles ein wenig verlogen. Wahre Feministen stellen Mütter nicht vor die Wahl, ihr ungeborenes Kind mit Down-Syndrom zu töten, sondern zeigen Wege für ein Leben mit ihm auf. Wahre Menschenrechtler erkennen den eugenischen Rassismus, der seine hässliche Fratze in der vorgeburtlichen Selektion von Menschen mit Behinderungen zeigt, und setzen sich für die Rettung aller Menschen ein – egal ob sie im Mittelmeer schwimmen oder im Fruchtwasser. Wahre Inklusion und Akzeptanz schließt die mit ein, die keine lautstarke, schrill-bunte Regenbogenlobby hinter sich haben. Paralympics demnächst nur noch mit Unfallopfern? Wo bleibt der gesellschaftliche und politische Aufschrei gegen diese Form von Rassismus? Es wurde viel darüber gesprochen, dass wir mit der Zulassung der Präimplantationsdiagnostik vor zehn Jahren eine schiefe Ebene betreten haben. Alle Warnungen wurden in den Wind geschlagen – heute sind wir dem unteren Ende dieser schiefen Ebene ein ganzes Stück näher. Schon bald könnte Eltern die Krankenversicherung für ihr Kind mit Down-Syndrom verweigert werden, da sie ja die für die „Solidargemeinschaft“ kostengünstigere Alternative der Abtreibung abgelehnt haben. Der Druck wächst, der Rutsch auf der schiefen Ebene nimmt Fahrt auf Richtung Euthanasie. Gerade wir Deutschen sollten wissen, was dort am Ende auf uns wartet. So wie wir unsere Großeltern gefragt haben, werden auch wir gefragt werden, was wir getan haben, um dieses Abdriften zu stoppen. Was werden wir dann sagen?
Einer trage der anderen Last, schreibt Paulus an die Galater. Unsere Gesellschaft scheint darauf keine Lust mehr zu haben: Zeit für Christen, auf Paulus zu hören.